Wissenschaftspreise: Mehr als Finanzierung
Am 12. Mai 2025 wurde im Kleinen Festsaal des Bremer Rathauses zum 40. Mal der Wolfgang-Ritter-Preis für herausragende wissenschaftliche Arbeiten in der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre verliehen. Ausgezeichnet wurde die Untersuchung über die Abwanderung europäischer Start-ups in die USA von Prof. Dr. Stefan Weik, Assistenzprofessor für Finanzwissenschaften an der Universität St. Gallen. Der Preis ist mit 20.000 Euro dotiert. Erstmals gab es bei der Preisverleihung ein Panel, um die Implikationen von Weiks Forschung zu diskutieren, sagte Prof. Dr. Bernd Scholz-Reiter, Vorstandsvorsitzender der Wolfgang-Ritter-Stiftung.
Start-ups ziehen in die USA
In seiner Arbeit hat Weik einen umfangreichen Datensatz erstellt, um systematisch zu erfassen, wie viele Start-ups Europa verlassen. Die Ergebnisse sprechen eine klare Sprache: Jährlich wandern zwischen 6 und 20 Prozent der jungen Unternehmen ab – die große Mehrheit in die USA. Ursachen dafür sind vor allem die besseren Finanzierungsbedingungen und die hohe Konzentration von Risikokapitalgebern im Silicon Valley. Die Untersuchung wurde bereits von politischen Entscheidungsträgern wie der Europäischen Kommission und der früheren Bundesregierung aufgegriffen und findet auch in internationalen Fachkreisen Beachtung. In seiner Laudatio würdigte Prof. Dr. Jochen Zimmermann aus der Jury Weiks Arbeit als »Lehrstück der ökonomischen Aufklärung«. Er habe Gründern eine analytische Stimme gegeben.
Möglichkeiten für Start-ups in Bremen
»Für die Gründung von Start-ups ist unabdingbar, dass wir innovative und mutige junge Menschen in unsere Region ziehen, von denen diese Gründungen ausgehen können«, sagte Bürgermeister Andreas Bovenschulte bei der Preisverleihung. Um das auch zu erreichen, fördert Bremen selbst Gründungen seit Jahren mit einem eigenen Instrumentarium wie dem 2018 geschaffene Starthaus Bremen/Bremerhaven. Es dient als erste Anlaufstelle für Gründerinnen und Gründer und bündelt Beratungsangebote zu Förderung und Finanzierung. Ergänzt wird dieses Angebot unter anderem durch das Start-up-Förderprogramm und den Risikokapitalfonds der Bremer Aufbau-Bank (BAB), durch die Bürgschaftsbank Bremen (BBB) und durch spezialisierte Gründerzentren in verschiedenen Bereichen wie Raumfahrt und Lebensmittelwirtschaft.
Von Preisen profitieren nicht nur die Preisträger
Stipendien und Preise wie der Wolfgang-Ritter-Preis bringen für die Forschung gleich zwei wichtige Vorteile: Sie können es Forschenden ermöglichen, ihre Themen mit Unabhängigkeit und Tiefgang zu verfolgen und so Freiraum für Grundlagenarbeit schaffen. Und, vielleicht noch wichtiger, sie, geben herausragender Forschung öffentliche Sichtbarkeit und Anerkennung. Eng damit verbunden ist auch, dass sie lokale Akteure vernetzen, Themen setzen und Anregung für die Politik geben können. So wurde bei der Verleihung des Wolfgang-Ritter-Preises auch ein Gespräch über die Fördermöglichkeiten für Start-ups in Bremen angestoßen.
Ausgezeichnet und angewandt
Ein weiteres Beispiel für die weitreichende Wirkung von Wissenschaftspreisen in Bremen ist der Campus Preis: Forschen für eine nachhaltige Zukunft. Der Preis wurde 2025 zum neunten Mal – unter anderem von der Kellner & Stoll Stiftung für Klima und Umwelt und der Universität Bremen – verliehen. Ausgezeichnet wurden Niccolò Orlandi, Rohit Samant und Mariela Tapia. Ihre Forschungsarbeiten beschäftigten sich mit dem ökonomischen Wert eines Biosphärenreservats auf Tobago, dem Absinken des Wasserspiegels im Kaspischen Meer und mit nachhaltigen, resilienten Energiesystemen in Ecuador. Bemerkenswert an diesen Arbeiten ist, dass sie nicht nur akademischen Wert haben, sondern auch in die Praxis überführt wurden: Die Ergebnisse sind in offizielle Kooperationen vor Ort eingeflossen oder wurden vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) aufgenommen.
Preise setzen Zeichen
Ehrungen wie der Wolfgang-Ritter-Preis oder der Campus Preis setzen wichtige Zeichen für die Verbindung von Wissenschaft und Praxis. Sie fördern nicht nur wissenschaftliche Exzellenz, sondern lenken auch die Aufmerksamkeit auf zentrale ökonomische und ökologische Herausforderungen. Sie zeigen, Stiftungen können mit ihrem Engagement nicht nur einzelne Forschende stärken, sondern ihren Beitrag für eine erkenntnisbasierte Entwicklung wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und ökologischer Konzepte sowie lokale Entwicklung und internationale Kooperation leisten.